Asko Lehmuskallio: Der Umgang mit Privatheit in Social Network Sevices
Die Mediatisierung der alltäglichen Kommunikation hat neben den bislang etablierten Kommunikationspraktiken neue Kommunikationsmodi hervorgerufen, die immer öfter auf digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien basieren. Diese Entwicklung wird einerseits durch die Metaphern des Panoptikum, Big Brother und den Aufstieg der Disziplinar- und Kontrollgesellschaft beschrieben. Das Foucault-Zitat: „Die Sichtbarkeit ist eine Falle,“ wird bemüht, um auf ein Ende der Privatheit und eine Zersplitterung der Öffentlichkeit hinzuweisen. Andererseits wird eine medial vermittelte Ökonomie der Aufmerksamkeit attestiert, die die Unsichtbarkeit zur Falle werden lässt. Nach einer Formulierung von Markus Schroer: „Wer sich nicht sichtbar machen kann, wer von den Blicken der anderen und dem Auge der Kamera ignoriert wird, der kommt in der Mediengesellschaft gewissermaßen gar nicht vor.“
Diese Spannung ist vor Allem im Hinblick auf Social-Networking-Seiten zu beobachten. Hier werden, wie bspw. bei Facebook oder Flickr, eine Reihe von FreundInnen, KollegInnen und Bekannten teilweise unbeabsichtigt in Kommunikationspraktiken integriert, die früher auseinander gehalten wurden. Dies kann zu sozialen Situationen führen, in denen kontextuelle Konventionen nicht mehr beachtet werden (können), da materialisierte Handlungen in den angewandten Medien nicht mehr gleichermaßen raumzeitlich gebunden sind. Kurzlebige Informationen werden dauerhafter und “wandern” bei Bedarf relativ einfach und schnell von Ort zu Ort. Der auf vielen Social-Networking-Seiten beobachtbare Verlust von eingeschränkter und ephemerer Kommunikation ist im Widerstreit mit den Kommunikationspraktiken, mit denen wir bislang aufgewachsen sind.
Ich werde dieses Thema näher beleuchten, in dem ich
1) Diskussionen zu Privatheit aufgreife und mit Hilfe von Irwin Altman’s Definition von Privatheit als Zugangskontrolle (boundary-regulation) neben dem bekannten Argument von Privatheit als das „right to be left alone“, bei der Betrachtung von Privatheit auf das „right to be included“ hinweise,
2) die Möglichkeiten der Interaktion auf einzelnen Social-Networking-Seiten vorstelle, und hier auf problematische Bereiche bzgl. Privatheit eingehe, wie bspw. die Datenerfassung von Anwendern,
3) empirische Ergebnisse einiger jüngerer Studien vorstelle, in denen die Praktiken einzelner AnwenderInnen von Social-Networking-Seiten erforscht worden sind, besonders, wie sie einerseits die Auswirkungen der technischen Veränderungen auf Privatheit bewerten und wie sie andererseits Privatheit bei der Anwendung praktizieren,
4) um zuletzt auf einige offene Forschungsfragen einzugehen, die sich auf den Grenzbereich zwischen dem Öffentlichen und dem Privaten in neueren digitalen Umgebungen konzentrieren.

 

 

 

 

 

 


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