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Mathias
Mertens: Die Zukunft der Kindheit als Besucher in der Gegenwart.
Darstellungen des medialen Selbst in Amateur-Stop-Motion-Filmen
Der Kurzfilm „Out of Time“ des
Regisseurs Buxton – eine Geschichte über Besucher aus
der Vergangenheit, die enttäuscht über die technische
Entwicklung in der Gegenwart sind – ist eine clevere Reflexion
auf technische Visionen, Erwartungen an die Zukunft, Science Fiction
Kultur und Realitätsprüfungen. Hauptsächlich aufgrund
einer Tatsache: Er ist ein sogenannter Brickfilm, ein Stop-Motion-Animationsfilm
der ausschließlich mit Lego-Figuren in Lego-Kulissen gedreht
worden ist. Die Besucher aus dem Jahr 1981 sind Figuren der damaligen
„Classic Space“-Reihe mit den typischen weißen,
roten und gelben Raumanzügen und dem Lego-Raumfahrt-Logo
auf der Brust, somit nicht Zeitzeugen des gerade angelaufenen
„Space Shuttle“-Programms der NASA und der damaligen
Hoffnungen auf eine „New Frontier“, sondern auch Artefakte
einer Kindheit, in der es Spielzeug gab, das diese „Space
Age“-Ideologie der Gesellschaft transportierte.
Wenn die Figuren in „Out of Time“ auch enttäuscht
sind, dass in den letzten 20 Jahren keine Teleportation und keine
Roboterbusse erfunden worden sind, so zeigen Brickfilme wie dieser
doch, dass ein gravierender Gesellschaftswandel stattgefunden
hat. Der PC und das Internet haben sich als Einrichtungsgegenstände
und Alltagsbestandteile durchgesetzt. Und dadurch eine breiten
Bevölkerungsschicht universelle technische und distributive
Möglichkeiten gegeben, die früher vielen kleinen, ständisch
geregelten Gruppen vorbehalten waren. Mit Webcams und Freeware-Software
kann beinahe jeder Animationsabläufe erzeugen, die die Claymation-Bewegungen
der King Kongs und Godzillas der Filmgeschichte als das erscheinen
lassen, was sie tatsächlich sind: Manifestationen einer beschränkten
Technik, die gerade in ihrer virtuosen Handhabung ihre Beschränkungen
zeigten. Und wo man früher das eigene Werk mehrere Zugangskontrollen
passieren musste, um von Kinobesitzern in eine obskure Kurzfilmschau
gesteckt, von Jurymitgliedern für ein Festival würdig
befunden, von Fernsehredakteuren für ein seltenes Feature
vorgesehen zu werden, damit es überhaupt von irgend jemand
außerhalb des eigenen Bekanntenkreises gesehen wurde, da
sorgen heute Uploadmöglichkeiten in einschlägigen Internetforen
dafür, dass sich die Öffentlichkeit, die sich dafür
interessiert, von selbst finden kann.
Filmische Expertise haben die Brickfilmer nicht, weil sie sich
gesellschaftlichen Institutionen angepasst haben, sondern weil
sie seit ihrer Geburt mit Fernsehen und Film aufgewachsen sind
und Praktiken wie Schuss/Gegenschuss, establishing shots oder
Parallelmontage zu ihrem Kommunikationsrepertoire gehören,
ohne dass sie es so benennen könnten.
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